Feinheiten des Betriebsübergangs – Wann sind die Anlagen und wann das übernommene Personal ausschlaggebend?
Rechtsanwältin und Fachanwältin für Arbeitsrecht Dr. Elke Scheibeler informiert über aktuelle Rechtsprechung zum Betriebsübergang, insbesondere in Bezug auf die Sicherheitsbranche.
Wenn ein sog. Betriebsübergang vorliegt, also ein Betrieb von einem anderen Unternehmer übernommen wird, gehen die Arbeitsverhältnisse automatisch vom alten auf den neuen Inhaber über. Dies ist auch möglich bei dem Übergang eines Betriebsteils. Dass man hierbei aber genau auf die Details achten muss, macht das Urteil des LAG Baden-Württemberg vom 20.01.2012, AZ 17 Sa 61/11 deutlich.
In diesem Fall ging es um einen Betrieb, der umfassende Sicherheitsdienstleistungen für einen großen Betrieb erbrachte, nämlich Betriebsschutz- und Objektleitung, Sicherheitsleitstelle, Besucherempfang, Ausweismanagement, Parkplatzverwaltung, Schließsysteme, vorbeugender Brandschutz, Sicherheitssysteme und Streifen- und Kontrolldienst. Hierbei handelte es sich ursprünglich um eine eigene Abteilung der Kundin mit 34 Mitarbeitern, die im Jahr 2004 ausgegliedert wurde, wobei die Arbeitnehmer damals im Wege des Betriebsübergangs von dem Sicherheitsunternehmen übernommen wurden. Die Räume, Möbel, IT-Hardware und Software sowie Sicherheitstools verblieben seinerzeit im Eigentum der Kundin.
Der Dienstleistungsvertrag wurde nach einigen Jahren neu ausgeschrieben und von der Kundin an ein anderes Sicherheitsunternehmen übergeben. Dieses übernahm jedoch nur die sächlichen Betriebsmittel, jedoch keinen Arbeitnehmer des vormaligen Dienstleisters, da es annahm, dass kein Betriebsübergang vorlag. Der Kläger, ein ehemaliger Arbeitnehmer der Kundin, der dort seit 1974 tätig war, erhielt die Kündigung.
Dafür, dass kein Betriebsübergang vorlag, spricht im ersten Ansatz auch die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 25.09.2008, 8 AZR 607/07, in der es um ein ziviles Sicherheitsunternehmen ging, das einen Truppenübungsplatz der Bundeswehr bewachte. In diesem Urteil führte das Bundesarbeitsgericht aus, dass kein Betriebsübergang vorliege. Es seien weder wesentliche sächliche noch personelle Betriebsmittel übernommen worden. Die Büroräume, die Telefon- und die Alarmanlage seien für die Ausübung der Tätigkeit so unwesentlich, dass sie nicht zur Identität der wirtschaftlichen Einheit beitrügen. Um einen Betriebsübergang anzunehmen, müssen aufgrund des Fehlens sächlicher Betriebsmittel ein nach Zahl und Sachkunde wesentlicher Teil des Personals übernommen werden, wobei bei gering qualifiziertem Personal mehr Arbeitnehmer übernommen werden müssen als bei Fachkräften. Da nur ca. 40 % des dortigen Personals und keine Schichtleiter übernommen wurden, lehnte das Bundesarbeitsgericht in diesem Fall einen Betriebsübergang ab.
Was aber veranlasste das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg dazu, im Fall der ausgegliederten Sicherheitsabteilung des großen Unternehmens eine andere Entscheidung zu treffen, obwohl nicht ein Arbeitnehmer übernommen wurde? Ausschlaggebender Grund war die in diesem Fall deutlich höherwertige Technik. Anders als am Truppenübungsplatz, wo die Mitarbeiter im Wesentlichen Streife gefahren bzw. gegangen sind und darauf geachtet haben, dass kein Unbefugter während der Übungen das Gelände betrat, wurde ein teures computergesteuertes Sicherheitssystem verwendet, das einen deutlichen sechsstelligen Betrag gekostet hatte, da es auf die Bedürfnisse der Kundin zugeschnitten war. Mit diesem System war es z.B. möglich, auch die vom Geschäftsgebäude weit entfernten Privatimmobilien der Vorstandsmitglieder zu überwachen. Jede einzelne Tür des Betriebes war außerdem auf dieses System aufgeschaltet und konnte vom Kontrollraum aus überwacht werden. Das LAG Baden-Württemberg sah somit einen Schwerpunkt auf den sächlichen Betriebsmitteln, die die Identität der wirtschaftlichen Einheit ausmachten und zu einem Betriebsübergang führten, da sie auch von dem neuen Sicherheitsdienstleister übernommen wurden. Der gekündigte Arbeitnehmer konnte seine Weiterbeschäftigung verlangen.
Dadurch ordnete das LAG Baden-Württemberg diesen Fall eher bei der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 13.06.2006, 8 AZR 271/05 ein, bei dem es um die Neuvergabe der Personenkontrolle an Flughäfen ging und ebenso auf die sächlichen Betriebsmittel, also Torbögen und Durchleuchtungsgeräte, als prägendes Betriebsmerkmal abgestellt wurde. Ähnlich urteilte es in seiner Entscheidung vom 16.05.2008, 8 AZR 693/06, bezüglich des Bodenpersonals, das die Passagiere eincheckt und abfertigt.
Hieraus folgt einmal mehr, dass man jeden Betrieb genau untersuchen muss und nicht pauschal sagen kann, dass ein Betriebsübergang in einer bestimmten Branche immer nach den gleichen Prinzipien beurteilt werden muss.
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Ich bin Rechtsanwältin und Fachanwältin für Arbeitsrecht und seit 2003 zur Rechtsanwaltschaft zugelassen. Nachdem ich einige Jahre als angestellte Anwältin gearbeitet habe, gründete ich 2009 meine eigene Kanzlei. Ich befasse mich mit dem Zivil- und Wirtschaftsrecht insbesondere dem Arbeits-, Miet- und Insolvenzrecht und vertrete hierbei sowohl Unternehmen als auch Privatpersonen.
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