Abmahnfalle in Facebook – Link teilen
Der Abmahnwahn hat nun auch bei Facebook Einzug gehalten. Mittlerweile werden in dem sozialen Netzwerk Nutzer abgemahnt. Im neuesten Fall geht es um die Funktion „Link teilen“.
Das Internet boomt. Und mit ihm boomt seit einigen Jahren auch eine regelrechte „Abmahnindustrie“. Findige Juristen verdienen gutes Geld damit, dass die technischen Möglichkeiten des Internet den geltenden Gesetzen und der aktuellen Rechtsprechung fast immer ein Stück voraus sind.
Vieles ist inzwischen durchaus im Bewusstsein der meisten Internet-Nutzer angekommen, etwa die rechtliche Problematik von Musiktauschbörsen oder ungeschützter WLANs.
Überraschungen gibt es aber auch für scheinbar gut Informierte immer wieder.
So hat eine Berliner Anwaltskanzlei den Betreiber einer gewerblichen Facebook-Seite abgemahnt, weil er mit der Funktion „Link teilen“ nicht nur eine Website verlinkt, sondern auch ein Foto von dieser Seite veröffentlicht hat.
Darauf, dass dies eine Urheberrechtsverletzung darstellen könnte, kommt man nicht so ohne Weiteres. Tatsächlich ist die Rechtslage hier – anders als in vielen Abmahnfällen im Bereich Internet und Urheberrecht – tatsächlich eindeutig.
Voraussetzung für eine Urheberrechtsverletzung ist, dass der Betreiber einer Website die geschützten Inhalte aktiv auf seiner Seite veröffentlicht. Und genau das passiert schnell, wenn man bei Facebook eine Seite teilt. Facebook schlägt ein Bild aus der verlinkten Ursprungsseite vor und zeigt es neben dem Link. Damit hat der Betreiber das Foto auf seiner Seite veröffentlicht – und zwar aktiv, denn der Facebook-Nutzer kann die Option anklicken, dass das Bild nicht veröffentlicht wird. Unterlässt er dies, ist die Urheberrechtsverletzung bereits begangen – es sei denn, er hätte die Rechte an dem veröffentlichten Bild oder es wäre gemeinfrei, also gar nicht urheberrechtlich geschützt.
Vorsicht ist also geboten. Denn im vorliegenden Falle hatte die Kanzlei einen Schaden von 600 EUR für die Veröffentlichung des Bildes geltend gemacht. Diese wurde nach der sogenannten „Lizenzanalogie“ ermittelt, also nach dem Honorar, das am Markt für ein solches Bild üblicherweise gezahlt würde. Da die Veröffentlichung hier ohne Genehmigung erfolgte, verdoppelte die Kanzlei den schadenersatzpflichtigen Betrag pauschal. Zusammen mit den Gebühren und Auslagen nach Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) wurden so aus 1200 EUR insgesamt 1750 EUR – für ein Bild in Größe einer Briefmarke.
Die Höhe der Schadenersatzforderung und damit die Berechnung von Gebühren und Auslagen aus dem zugrunde gelegten Streitwert mag man anzweifeln können – nicht aber die Urheberrechtsverletzung.
Dabei ist diese sicher nicht bewusst geschehen. Wer geschützte Inhalte auf seiner Website veröffentlicht, weiß, was er tut, und muss zu Recht die Konsequenzen tragen. Das sollte allgemein bekannt sein. Dass für eine Urheberrechtsverletzung ausreicht, der Veröffentlichung eines von Facebook vorgeschlagenen Bildes nicht zu untersagen, ist dagegen schwer zu verstehen.
Dabei hat der Betreiber der Ursprungsseite in der Regel ja ein Interesse daran, dass seine Seite verlinkt wird. Und dass ein Link mit einem Bild eher aufgerufen wird, ist auch keine Frage. Das ändert aber nichts daran, dass dabei keine Urheberrechte verletzt werden dürfen.
Facebook trägt zumindest moralisch eine Mitschuld, wenn das Problem dort bekannt ist. Die Veröffentlichung des vorgeschlagenen Bildes ist die Standardeinstellung.
Facebook sollte also unverzüglich etwas an seinem Interface verändern:
– Die Nichtveröffentlichung des Bildes ist Standardeinstellung
– Wählt der Nutzer die Option „Bild veröffentlichen“, dann muss er auf die Problematik des Urheberrechts hingewiesen werden.
– Sofern es ausreicht, die Bildautorenschaft zu nennen, muss dies ermöglicht werden.
Diese Funktionen sind im Handumdrehen programmiert.
– Der Betreiber der verlinkten Ursprungsseite könnte automatisch um Zustimmung gebeten werden, ähnlich einer Freundschaftsanfrage.
Dies funktioniert aber nur dann, wenn der Betreiber der Ursprungsseite selbst bei Facebook registriert ist.
Wenn jetzt auch Facebook und andere soziale Plattformen ins Visier der systematischen Abmahner geraten, sind diese in der Pflicht, zum Schutz ihrer Nutzer und im eigenen Interesse geeignete Maßnahmen zu treffen.
Es bleibt dem Betreiber einer Facebook-Seite im Zweifelsfalle nur, die Veröffentlichung des vorgeschlagenen Bildes abzulehnen, oder sich schriftlich das Einverständnis des Rechteinhabers erteilen zu lassen. Dies kann zwar Wochen dauern und konterkariert damit natürlich den Vorteil der Schnelligkeit eines Mediums wie Facebook, aber anders wird man dem Urheberrechtsverstoß und einer drohenden Abmahnung nicht ausweichen können.
Das Problem haben gewerbliche Facebook-Nutzer, wobei auch schwer einzugrenzen sein dürfte, wer als gewerblich einzustufen ist. Das Problem haben die Betreiber der Ursprungsseiten, auf deren Link ohne Bild weniger Klicks erfolgen dürften. Das Problem hat Facebook, weil solche Fußangeln dem unbeschwerten Umgang mit der Plattform entgegenstehen. Dass Bildautoren insgesamt einen Nutzen von einer solchen Abmahnpraxis haben, kann bezweifelt werden. Auf jeden Fall nutzt es der Abmahnindustrie – bisher vielleicht eine Kanzlei, aber Nachahmer werden folgen.
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