Nach Kündigung freigestellt – Darf doppelt verdient werden?
Arbeitnehmer werden nach Erhalt einer Kündigung oder Abschluss eines Aufhebungsvertrags oft freigestellt. Können sie in dieser Zeit für einen anderen Arbeitgeber tätig werden und doppelt verdienen?
Wenn Arbeitnehmer eine Kündigung erhalten, werden sie oft auch freigestellt. Sie brauchen somit nicht mehr zu arbeiten, bekommen aber trotzdem noch ihr Gehalt bis zum Ende der Kündigungsfrist. So soll vermieden werden, dass das durch die Kündigung gestörte Vertrauensverhältnis zu Unruhe im Betrieb führt. Oft sollen auch Firmeninterna, Kundendaten usw. geschützt werden. Die Arbeitnehmer sind hiermit meist einverstanden, da sie ohnehin Zeit benötigen, um eine neue Stelle zu finden, und zusätzlicher Urlaub ja auch eine feine Sache ist. Oft findet man solche Regelungen auch in Vergleichen, die vor dem Arbeitsgericht geschlossen wurden, oder in Aufhebungsverträgen.
Was passiert aber, wenn der Arbeitnehmer vorzeitig eine neue Stelle findet? Darf er dann eine Weile doppelt Gehalt kassieren? Unter bestimmten Umständen ist dies durchaus möglich, wie das Urteil des BAG vom 17.10.2012, 10 AZR 809/11, zeigt. In diesem Fall ging es um einen Produktionsmanager und Betriebsleiter, der anlässlich eines vor dem Arbeitsgericht nach Erhalt der Kündigung geschlossenen Vergleiches unwiderruflich unter Anrechnung von Urlaub und Überstundenvergütung freigestellt worden war. Er hatte die Gelegenheit genutzt, bereits zwei Monate vor dem Ende seines Arbeitsverhältnisses bei einem Konkurrenzunternehmen anzufangen. In einem Monat kassierte er folglich doppeltes Gehalt, in zweiten Monat zahlte die ehemalige Arbeitgeberin nicht mehr, da sie von der Konkurrenztätigkeit erfahren hatte, und kündigte ihn fristlos. Vor dem Arbeitsgericht verlangte sie nunmehr das doppelt gezahlte Gehalt zurück, jedoch ohne Erfolg.
Eines vorab: Der Arbeitnehmer hat sich nicht korrekt verhalten, denn er war trotz der erfolgten Freistellung verpflichtet, der ehemaligen Arbeitgeberin keine Konkurrenz zu machen, sei es durch die Gründung eines eigenen Unternehmens oder durch eine Anstellung bei einem Wettbewerber. Dies ist in § 60 HGB geregelt. Diese Vorschrift gilt ihrem Wortlaut nach zwar nur die für die kaufmännischen Angestellten, wird jedoch auf alle Arbeitnehmer angewendet. Der Arbeitnehmer in dem Fall des BAG war daher verpflichtet, der Arbeitgeberin einen etwaig entstandenen Schaden zu ersetzen. Einen solchen hat diese aber nicht geltend gemacht, vermutlich weil dies bei dem technischen Mitarbeiter auch schwierig war. Etwas Anderes wäre wohl möglich gewesen, wenn es um einen Vertriebsangestellten gehandelt hätte, der einige Kunden mitgenommen hätte. Nicht stellen würde sich dieses Problem in Fällen, in denen der neue Arbeitgeber kein Konkurrent des alten ist.
Die ehemalige Arbeitgeberin in der Entscheidung des BAG argumentierte mit § 61 HGB, wonach der Arbeitnehmer „die aus Geschäften für fremde Rechnung bezogene Vergütung“ herauszugeben hat. Hiermit ist aber nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts die Vergütung gemeint, die durch eine eigene Tätigkeit am Markt, also die Gründung eines eigenen Unternehmens erzielt wird. Das von der neuen Arbeitgeberin gezahlte Entgelt fällt hierunter nicht. Auch unter dem Gesichtspunkt der gleichzeitig grundsätzlich bestehenden Schadenersatzpflicht hielt das Bundesarbeitsgericht dieses Ergebnis nicht für unbillig.
Auch die Anrechnungsvorschrift des § 615 S. 2 BGB griff nicht. Danach muss sich der Arbeitnehmer im Fall des Annahmeverzugs des Arbeitgebers auf die zu zahlende Vergütung dasjenige anrechnen lassen, das dieser durch anderweitige Verwendung seiner Dienste erwirbt. Im Fall einer unwiderruflichen Freistellung wird jedoch angenommen, dass § 615 BGB nicht greift, da der Arbeitgeber nicht in Verzug mit der Annahme der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers ist, sondern auf diese im Rahmen eines Erlassvertrags verzichtet hat. Eine Anrechnung anderweitigen Verdienstes hätte somit ausdrücklich in dem Prozessvergleich vereinbart werden müssen.
Im Ergebnis konnte der Arbeitnehmer somit das in dem einen Monat doppelt gezahlte Gehalt behalten. Ob er für den zweiten, letzten Monat eine Zahlungsklage gegen seine ehemalige Arbeitnehmerin erhoben hat, kann man der Entscheidung nicht entnehmen.
Sie sind freigestellt worden und haben die Möglichkeit, vor Ablauf der Kündigungsfrist eine andere Stelle anzutreten? Oder sind Sie Arbeitgeber und wollen wissen, ob Sie gegen einen freigestellten Arbeitnehmer wegen einer anderweitigen Tätigkeit vorgehen können? Ich habe die Antworten! Auch wenn Sie nicht in Wuppertal und Umgebung wohnen, berate ich Sie gerne. Schicken Sie mir einfach die Unterlagen per Post, Fax oder E-Mail und lassen Sie sich bequem schriftlich oder telefonisch beraten.
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Ich bin Rechtsanwältin und Fachanwältin für Arbeitsrecht und seit 2003 zur Rechtsanwaltschaft zugelassen. Nachdem ich einige Jahre als angestellte Anwältin gearbeitet habe, gründete ich 2009 meine eigene Kanzlei. Ich befasse mich mit dem Zivil- und Wirtschaftsrecht insbesondere dem Arbeits-, Miet- und Insolvenzrecht und vertrete hierbei sowohl Unternehmen als auch Privatpersonen.
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